Afghanische Windhunde, 2021
(A4 Stückanzahl 12) Papier Arbeit.

Schon vor über sechs Jahrtausenden sind Züchtungen des Ahnen der heutigen Afghanischen Windhunde durch ortsansässige Nomaden belegt. Die edlen Jagdhunde galten als Überlebensstütze im kargen Hochland des Hindukusch. Der heutige Rassenstandard wurde allerdings erst um den Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert herum etabliert, nachdem britische Soldaten im zweiten Anglo-Afghanischen Krieg einige Exemplare dieser als überaus wertvoll erachteten und darum mit einem Exportverbot belegten Tiere aus dem Feindesland heraus nach England geschmuggelt hatten.
Hakan Eren greift in seiner Serie von zwölf Zeichnungen diesen scheinbar abseitigen Komplex kolonialer Vergangenheit auf. Die Zeichnungen vereinen Individualität und strengen repetitiven Standard. Als Effekt der Überkreuzung von Drolligkeit und Zuchtnorm stellt sich eine unheimliche Erscheinung ein. Die zittrige Linienführung und transparenten Farbflächen lassen die Zeichnungen wie Abdrücke von Geistern anmuten, die sich durch das Papier hindurch bewegt haben. Es sind dies Geister eines stolzen, aber gepeinigten Lands — die alte Weltmacht des 19. Jahrhunderts wurde einst vertrieben, ehe dann auch die beiden Weltmächte des 20. Jahrhunderts sich ihrerseits in den Bergen Afghanistans aufrieben und ihre Truppen letztlich abziehen mussten, nur um ein teuflisches Vakuum zurückzulassen. 2021, im gleichen Jahr, in dem den Taliban in schwindelerregendem Tempo die Machtergreifung über eine nach Jahrzehnten der Instabilität und des Kriegs ausgezehrte Bevölkerung gelingen konnte, hat Eren mit dieser Serie von Hundezeichnungen der rauen Geschichte Afghanistans ein beklemmendes Denkmal gesetzt.